Die Präsentation von Zeit in der Kunst ist eines der großen Themen der Kunst, egal in welcher Epoche wir uns bewegen. Nur haben Kunsthistoriker oder Archäologen oft nicht den Fokus auf diese Thematik gerichtet. Die von Ihnen angesprochene visuelle Lösung, Zeit als Sequenz darzustellen, ist eine von vielen. Ein weiteres Beispiel ist Tizians Allegorie der drei Lebensalter des Menschen um 1565, auch als Allegorie der Zeit betitelt. Der Jüngling, rechts dargestellt, schaut in die Zukunft, der Greis in die Vergangenheit und Tizian selbst, mittig gemalt, schaut in die Gegenwart. Keiner der Drei sucht den Blick des Betrachters. Die Wolkenbilder von John Constable müßten noch unter den Zeitaspekten analysiert werden, um nur ein weiteres Beispiel zu nennen. Eine der großen Fragen innerhalb der Diskussion zum Thema Zeit ist in der Tat folgende: Wie lässt sich Zeit im Verhältnis zum Raum denken?
Acht Fragen zum Thema Zeit — Critica 2014 — Zeit (PDF, 700kB)
Rosa Loy entführt uns mit ihren Bildern in Fantasiewelten. Es sind ihre Fantasien, Gedanken und Überlegungen. Dabei spielt es keine Rolle, inwieweit es zu einer Übereinstimmung zwischen den Gedanken der Künstlerin und denen, die ein Betrachter an die visuellen Vorgaben von Rosa Loy anschließen kann, kommt.
Die Titel ihrer Bilder, wie Zwei Wege (2013, S. 82), Auflösen (2012), Die Andere Seite (2009) oder Zeitschleife (2015, S. 79), sind auf den ersten Eindruck rätselhaft und geheimnisvoll. Je rätselhafter der Titel, je geheimnisvoller die Geschichte, desto länger bleibt der Blick auf das jeweilige Bild gebannt und man sucht nach einer Auflösung, nach einer Erkenntnis, auch wenn das nur teilweise möglich ist. Es bleibt immer ein Rest, der nicht entschlüsselbar ist und dessen Geheimnis man nicht lüften kann. Es ist das Mittel der Irritation, mit der die Künstlerin die Betrachter ihrer Bilder wieder und wieder herausfordert. Wenn man dem Ungesagten auf die Spur kommen möchte, dann sollte man sich Zeit nehmen.